Geschichte der Sektion Flensburg
Die Sektion Flensburg des Deutschen Alpenvereins wird am 2 . Oktober 1924 gegründet. Zu Beginn gibt es acht Mitglieder. In der Anfangsphase ist es nicht leicht, Mitglied zu werden. Wer mitmachen will, braucht zwei Bürgen, die schon mindestens ein Jahr Mitglied sind. Diese Bürgen haften für den Neuen. Ein Ausschuss der Sektion entscheidet über die Aufnahme - nach welchen Kriterien, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Und: Jedes Mitglied kann der Aufnahme des Neuen widersprechen. Man sieht: Die Hürden sind hoch!
Am 27 . November 1933 erfolgt die Gleichschaltung der Sektion . Das bedeutet, dass die Sektion und ihre Mitglieder und Organe in die einheitliche Organisation des nationalsozialistischen Staates eingegliedert werden. Die DAV-Sektion Flensburg wird wie alle anderen auch von den Nazis ideologisch vereinnahmt und fortan kontrolliert.
Dagegen: Einen Monat später wird ein Arier-Paragraph in die Satzung aufgenommen. Die Sektion wird streng hierarchisch organisiert: Statt eines Vorstands gibt es einen Führer, der den Beirat beruft. Am 20 . November 1935 beginnt die Planung einer „Flensburger Hütte“ in den Alpen. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs ist der NS-Spuk bei der DAV-Sektion vorbei.
Am 25 . Januar 1946 genehmigt die britische Militärregierung die Gründung der „Alpinen Union Flensburg“. Vorsitzender wird Dr. Fritz Hähnsen, Syndikus der Handwerkskammer. Am 11 . Februar 1950 wird im Bahnhofshotel an der Ecke Rathausstraße/Süderhofenden zum 25-jährigen Bestehen das „Alpenfest“ gefeiert. Immerhin 73 Teilnehmer werden gezählt.
Am 13 . Juni 1953 feiern die Flensburger Alpinisten im Restaurant Ostseebad ein Sommerfest. Dr. Hähnsen vermerkt: „Eine ziemliche stille und trockene Veranstaltung“. Am 23 . Februar 1954 wird Oberingenieur Hans Altenburg, einer der Gründer und langjähriger Vorsitzender der Sektion, zum Ehrenmitglied ernannt. Er habe sich besonders um „das gesellige Leben in der Sektion verdient gemacht“, wie es den Protokollen zu entnehmen ist. Für den 2 . Dezember 1954 ist der Tod Altenburgs in den Annalen vermerkt. Schon früh werden Vorträge beim Alpenverein gehalten - eine Tradition, die bis heute fortlebt. Am 14 . November 1954 präsentiert Fred Oswald aus Hamburg „Farbige Fahrtenbuchskizzen“. Ab 1954 schreibt das Mitglied Lautenbach eine Serie über Sektionswanderungen mit dem Titel „Kennst Du die Heimat?“
Der Alpenverein ist seinerzeit ein reiner Männerverein. Seit dem 18 . Januar 1953 können Ehefrauen von A-Mitgliedern auf Antrag einen Ehefrauen-Ausweis erhalten, mit dem jedoch keine weiteren Mitgliederrechte verbunden sind. Erst 1961 fallen diese Ausweise weg.
Im Jahr 1965 bietet die Sektion gleich zwei Skikurse in Pflügen an. Sie kosten 275 bzw . 295 DM bei Vollpension. 1967 steigt man bei Wanderungen vom ÖPNV auf Privat-Pkw um. Und schon 1967 leidet die Sektion unter Problemen, die man eigentlich eher in der Gegenwart vermutet: Mitgliederschwund und Überalterung, zudem immer weniger Vortragende mit ansprechenden Themen. Deshalb ergeht die Aufforderung an dieMitglieder, Vorträge über eigene Touren mit bis zu 120 Dias anzubieten .
Dafür hat das Mitglied Prof . Dr . Vogt am 16 . August 1969 mit stolzen 60 Jahren das Matterhorn erklommen! Und im selben Jahr werden immerhin sechs Wanderungen veranstaltet.
Am 14 . Januar 1973 wird Adolf Schmidt Ehrenmitglied, und das Alpenfest kostet 10 DM Eintritt inklusive Essen und Einmannkapelle. Ein Jahr später wird das Fest wegen schlechter Kassenlage abgesagt. Über die 50-Jahr-Feier im Jahr 1974 ist in den Protokollen nichts vermerkt. 1975 schon wieder Absage des Alpenfests, diesmal wegen des Tods von Ehrenmitglied Adolf Schmidt.
Miese Finanzen ziehen sich wie ein roter Faden durch die 70er Jahre. Wegen fehlendes Geldes fährt kein Mitglied der Sektion zur Bundesversammlung des DAV nach Würzburg. Und dabei hat die Sektion seit drei Jahren keinen Verbandsbeitrag gezahlt! Das ist den Kassenprüfern nicht aufgefallen. Externe Vorträge sind mittlerweile zu teuer, sie kosten rund 250 Mark .
Und am 31 . Mai 1976 wird die Herausgabe einer Sektionszeitung mit einer 300er Auflage ebenfalls aus Kostengründen (320 Mark) abgelehnt. Ob die Auflösung der Bibliothek im Januar 1977 ebenfalls wegen zu hoher Kosten beschlossen wird, ist nicht bekannt.
Dafür interessiert sich plötzlich die Jugend für den Alpenverein. Zur Jugendfahrt der Sektion können nur 45 Teilnehmer zugelassen, 40 müssen indes abgewiesen werden. Und im selben Jahr wird ein monatlicher Stammtisch im Gasthaus Solitüde ins Leben gerufen.
Bei der Mitgliederversammlung am 15 . Januar 1978 gibt es erstmals keinen Vortrag. Der Versuch, den Vorstand zu verjüngen, scheitert kläglich.
Schon im Januar 1980 wird der 14-Tage-Rhythmus bei den Wanderungen, der ja bis heute gilt, eingeführt. Das wird laut Protokoll gut angenommen. Auch werden alle Veranstaltungen für Gäste, die nicht Mitglied sind, geöffnet. Am 18 . Januar 1981 wird die Amtszeit des Vorstands auf drei Jahre verlängert.
Bei einer Reise im Jahr 1980 gibt es einen tödlichen Ski-Unfall, der staatsanwaltliche Ermittlungen nach sich zieht. Und schon am 19 . März 1981 stellt der Vorstand erste Überlegungen zur Gründung einer Klettergruppe an. 1982 wird ein Eintrittsgeld von 2 DM für Vorträge beschlossen.
Bei der Mitgliederversammlung am 15. Januar 1983 wird der Wunsch nach einer Sektionszeitschrift erneuert und der Hüttenabend wiederbelebt. 1985 versucht man zum ersten mal, die Kassenführung auf EDV umzustellen. Am 19. Januar 1986 wird erstmals ein Haushaltsplan beschlossen. 1986 beschließt der Vorstand dann endlich die Herausgabe einer Sektionszeitschrift. Für die Versammlung am 29. Juni 1986 ist vermerkt: Sofortiger Rücktritt des 1. Vorsitzenden aus persönlichen Gründen.
Am 12 . Februar 1988 erscheint „ein unschöner Artikel“ im Flensburger Tageblatt. 1989 bietet der Kletterwart eine einwöchige Ausbildung zum Bergsteigen an. 1991 wird die Kassenführung dann endlich auf EDV umgestellt . 1995 werden die Hüttenabende wegen Kündigung des Raumes eingestellt. Und 1997 findet die letzte Osterskifahrt der Sektion statt. Die Jugendskifahrten enden drei Jahre später nach 30 Jahren.
Am 13 . Juni 2001 wird beschlossen, den „Bergblick“ herauszubringen. Schon ein Jahr später schlägt die Geburtsstunde der Homepage. 2003 beginnt das Projekt Kletterwand, ein Jahr später werden Fahrradtouren in das Portfolio aufgenommen. Für 2004 ist das Ende der Seniorengruppe „Wir sind ein Alpenverein und kein Altenverein“ vermerkt.
Im Jahr 2007 steht die Sektion kurz vor der Auflösung, weil es keinen Vorstand mehr gibt. Man entschließt sich zu einer besonderen Lösung: Elisabeth Rohde übernimmt den Vorsitz, während Rosi Gerlich als Schatzmeisterin und vor allem als Geschäftsführerin die eigentliche Arbeit übernimmt. Später löst Holger Heitmann Elisabeth Rohde als Erster Vorsitzender ab. Über zehn Jahre lenkt Rosi Gerlich weitgehend die Geschicke der Sektion, bis im Jahr 2022 das Gespann Torben Karges (1 . Vorsitzender) und Kai Vermehren (2 . Vorsitzender) die Leitung der Sektion übernimmt.
Datensammlung: Kai Vermehren
Text: Joachim Pohl